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Von starren Strukturen zu Freiräumen - Innovation durch Ambidextrie!

Junge, blonde Frau mit Brille in einer Nahaufnahme.
Kelly Isaksson befragt Markus Müller zum Thema der neuen Ausgabe von INNOV8, dem digitalen Innovationsmagazin.

Innovation durch Ambidextrie - Das Thema der neuen Ausgabe von INNOV8!

Kelly Isaksson ist SOULWORXX jüngstes Teammitglied. Kelly hat bei uns rasch einen Spitznamen erhalten, sie wird meist nur noch mit ihren Initialen gerufen ;-). Heute stellt Kelly Markus 20 Fragen zur eben erschienenen neuen Ausgabe des digitalen Innovationsmagazins INNOV8! zum Thema «Organisationale Freiräume (Ambidextrie), um die Organisation entwickeln zu können.» Die folgenden Zeilen sind ein 1:1-Transkript des Interviews. Die Aufgabe, die Fragen zu bestimmen fällt Kelly zu. Markus sieht die Fragen erst bei der Beantwortung.


Ab zum Interview «Innovation durch Ambidextrie»

Kelly: Hi Markus, Willkommen in der wunderbaren Welt der organisatorischen Gelenkigkeit! Du hast dich entschlossen mit der neuen Ausgabe von INNOV8! das Mysterium der Ambidextrie zu entwirren – einem Konzept, das schwieriger auszusprechen ist als «Worcestershiresauce» auf Anhieb richtig zu sagen. Ich habe die Gelegenheit, mit dir als echtem Guru der organisatorischen Flexibilität zu sprechen. Nachdem ich die Ausgabe gelesen habe, würde ich dich als Meister der organisatorischen Ambidextrie bezeichnen (lacht...)! In unserem heutigen Gespräch werden wir herausfinden, wie man in der heutigen schnellen Geschäftswelt sowohl das Tagesgeschäft rockt als auch die Innovationsgitarre zum Klingen bringt. Auf geht's!


Kelly: Was hat dich dazu inspiriert, eine Ausgabe von INNOV8! speziell dem Thema Ambidextrie und Freiraummodellen zu widmen?


Markus: Also, liebe Kelly: Zuerst mal ein fettes «Danke» für den Guru ;-) Gleich die erste Frage so «dick». Nun, ich bin in meiner Funktion als Corporate Coach und Moderator in den letzten Jahren in enorm vielen Organisationen zu Gast gewesen. Ein guter Coach sollte eigentlich auch ein gutes Bauchgefühl haben. Und neben den unzähligen, expliziten Aussagen, dass die Zeit für Projekte fehlt, der Alltag komplett überlastet ist, sagt mir eben auch mein Bauchgefühl, dass es meist nur noch Zeit für die dringenden Dinge, aber selten mehr für die wichtigen, mittel- bis langfristigen Projekte, die bspw. auch die Kultur und die Zukunft einer Organisation einzahlen.

Die Praxis zeigt: Es gibt Modelle, die grundsätzlich wieder Freiräume ermöglichen. Und deshalb wollten wir ein Kompendium schaffen, das auf schnelle Art und Weise einen Überblick und Lösungsansätze zu diesem Thema gibt.


Was bedeutet eigentlich Innovation durch Ambidextrie genau?

Kelly: Könntest du kurz erklären, was unter dem Konzept der Ambidextrie in Organisationen verstanden wird?


Markus: Klar! Kurz und bündig: Es stellt sich die Frage, wie man «zweihändig» arbeiten kann. Wie man neben dem Tagesgeschäft, Innovationen erarbeiten, entwickeln, testen und einführen kann. Und zwar so, dass beides - Alltag und Innovation - genügend Raum und Zeit kriegt.


Die Vorteile von Ambidextrie-Modellen

Kelly: Was sind die Hauptvorteile von Freiraummodellen in Organisationen im Vergleich zu traditionellen Managementansätzen?


Markus: Organisationale Freiraum-Modelle bieten gegenüber traditionellen Managementansätzen, die oft auf Hierarchie und Kontrolle basieren, mehrere Vorteile:

  • Erhöhte Motivation und Engagement: Mitarbeitende, die mehr Autonomie und Verantwortung haben, sind in der Regel motivierter und engagierter.

  • Verbesserte Kreativität und Innovation: Freiraummodelle fördern Kreativität und Innovation, da die Mitarbeitenden die Freiheit haben, neue Ideen auszuprobieren.

  • Schnellere Entscheidungsfindung: In Freiraummodellen können Entscheidungen schneller getroffen werden, da Mitarbeitende nicht auf die Genehmigung von oben warten müssen.

  • Höhere Flexibilität: Freiraummodelle sind flexibler und können sich schneller an Veränderungen in der Umwelt anpassen.

  • Geringere Fluktuationsrate: Mitarbeitende, die in Freiraummodellen arbeiten, sind tendenziell zufriedener und bleiben der Organisation länger treu.


Wie setzt man Freiraummodelle um?

Kelly: Wie können Organisationen erfolgreich Ambidextrie umsetzen, und welche Herausforderungen könnten dabei auftreten?


Markus: Indem sie sich auf einen Kultur- bzw. Unternehmens- und Organisationsentwicklungsprozess einlassen, der in der Regel mit einem Kulturprozess zusammenhängt. Diese Transformation dauert mindestens 1 - 2 Jahre.


Kelly: Welche Rolle spielt die Unternehmenskultur bei der Implementierung von Ambidextrie und Freiraummodellen?


Markus: Definitiv eine grosse! Das erfordert eine starke Unternehmenskultur des Vertrauens und der gegenseitigen Unterstützung. Ausserdem müssen Mitarbeitende über die notwendigen Fähigkeiten und Kompetenzen verfügen, um selbstständig arbeiten zu können.


Kelly: Gibt es ein Beispiel einer Organisation, die du als vorbildlich in der Anwendung von Ambidextrie und Freiraummodellen siehst? Wenn ja, warum?


Markus: Da gibt es den «Klassiker» von Google mit dem 70-20-10-Modell (klassischerweise wird dies heute folgendermassen interpretiert: 70 % der Arbeitszeit für Tagesgeschäft, 20 % für Interaktion in Projektarbeit und 10 % zur freien Verfügung). Oder das Modell von «3M» (15% Time), das seinen Mitarbeitenden erlaubt, 15% ihrer Arbeitszeit für eigene Projekte zu verwenden. Ich mag auch das «Dual Operating System» des deutschen Weltkonzerns Bosch. Alle drei Beispiele zeigen eines: Wenn Weltkonzerne wie Google, 3M oder Bosch dies schaffen, dann gelingt das auch allen anderen Unternehmen.


Kelly: Welche Kompetenzen und Fähigkeiten sind für Führungskräfte unerlässlich, um erfolgreich Ambidextrie in ihren Organisationen zu fördern?


Markus: Führungskräfte spielen eine Schlüsselrolle bei der erfolgreichen Implementierung von Ambidextrie in Organisationen. Sie müssen ein ausgesprochenes Verständnis für permanenten Wandel haben, sie müssen flexibel und anpassungsfähig sein. Sie müssen die kommunikative Fähigkeit haben, Visionen und Ziele klar und deutlich auszudrücken. Aber vor allem brauchen sie ein hohes Vertrauen, dass Mitarbeitende den grossen Freiraum, den sie geniessen, nicht ausnützen.


Kelly: Wie kann eine Balance zwischen dem Tagesgeschäft (Exploitation) und der Innovation (Exploration) praktisch erreicht werden?


Markus: Das Ausprobieren von verschiedenen Formaten kann helfen. Bspw. gehören folgende Formate zu jenen, die mithelfen eine ambidexteres Unternehmen zu formen: Workations, Fuck-up-Events, Lernzirkel und Reflektionsrunden. Oder Innovations-Safaris, innovative Arbeitszeitmodelle und interdisziplinäre Zusammenarbeit über Abteilungssilos hinaus.


Kelly: Wie messen Organisationen den Erfolg ihrer Ambidextrie-Bemühungen?


Markus: Also, spezielle KPIs kenne ich nicht, aber insgesamt kann man einfach die geeigneten Kennzahlen aus dem Innovationscontrolling nehmen (Hinweis zum Artikel «Innovationscontrolling - Sinnvolle Innovationsmetriken»).


Kelly: Wie gehen Organisationen mit dem Widerstand gegen Veränderungen um, der bei der Einführung von Ambidextrie und Freiraummodellen entstehen kann?


Markus: Auch da gibt es keine speziellen. Wir arbeiten da generell mit unserem Akeptanzmodell und der Ableitung von entsprechenden Kommunikations- und Change-Aktivitäten und -massnahmen.

(Hinweis zum Artikel «CHANGE PLAYKIT» auf diesem Blog).


Kelly: Wie können kleine und mittlere Unternehmen (KMU) von Ambidextrie profitieren?


Markus: Genau gleich, wie die «grossen». Oder vielleicht sogar noch mehr. Eine grosse Organisation kann sich vielleicht eine Abteilung «Unternehmensentwicklung und Innovation» leisten. Eine kleinere nicht. Und deshalb ist es gerade für jene Organisationen so wichtig, zweihändige Strukturen zu schaffen.


Kelly: Welche Rolle spielen externe Netzwerke und Partnerschaften bei der Förderung von Ambidextrie in Organisationen?


Markus: Eine wichtige, denn Netzwerke und Partnerschaften müssen gepflegt werden. Dafür nimmt man sich Zeit. Und bewusst Zeit für eine Tätigkeit zu nehmen, ist nichts anderes als ambidexteres Verhalten.


Kelly: Kannst du einen Prozess oder eine Methodik beschreiben, die Organisationen dabei hilft, Ambidextrie erfolgreich zu implementieren?


Markus: Das kann ich gar nicht verallgemeinern! Weil jede Organisation ein einzigartiges System ist. Was bei der einen Organisation funktioniert, falliert bei der anderen. Weil sie eine andere Maturität, andere Prozesse oder eine unterschiedliche Kultur hat. Ein Freiraum- oder Ambidextrie-System ist immer komplett individuell.


Kelly: Wie beeinflusst die globale Wirtschaftslage die Bedeutung und Umsetzung von Ambidextrie in Organisationen?


Markus: Sehr stark! Immer wenn es darum geht, dass eine Organisation unter Zugzwang gerät, sei es durch fehlende Ressourcen, Umsatzdruck oder Pandemien, gerät alles, was nicht zum Tagesgeschäft gehört schnell ausserhalb der Traktanden. Weil es um das «Hier und Jetzt» geht und nicht mehr um das «Morgen». Es ist enorm schwierig, solche Themen wieder zurück auf die Traktandenliste zu bringen, weil Retrospektiven, Standortbestimmungen und Reflektionen in Organisationen meines Erachtens sehr selten sind.


Kelly: Welche Branchen profitieren deiner Meinung nach am meisten von der Einführung von Ambidextrie und warum?


Markus: Im Prinzip alle. Aber ganz speziell jene, die geprägt sind von einer hohen Dynamik, kurzen Produktlebenszyklen oder hohem Wettbewerbsdruck. So z.B. die Technologie- oder Pharmabranche oder die Konsumgüterindustrie.


Kelly: Wie kann Ambidextrie dazu beitragen, nachhaltige Geschäftspraktiken zu fördern?


Markus: Ein Superthema! Immer dann, wenn es in Themenfeldern um das Explorieren, Entdecken und Ausprobieren geht, benötigt es Freiräume. Und Nachhaltigkeit ist exakt ein solches «Spielfeld», Innovation durch Ambidextrie produzieren kann.


Kelly: Gibt es Grenzen oder Nachteile von Ambidextrie und Freiraummodellen in Organisationen, und wenn ja, welche?


Markus: Ja, da gibt es auf jeden Fall ein paar Hürden, die zu überspringen sind. Da ist zum einen, die Komplexität bei der Einführung eines Freiraum-Modells. Zudem erfordert die Einführung Ressourcen und mit Konflikten zwischen Organisationskulturen ist auch zu rechnen. Natürlich gibt es auch Nachteile wie der Mangel an Kontrolle, eventuelle Ungleichbehandlung von Mitarbeitenden in verschiedenen Abteilungen oder ein Missbrauch der «neuen Freiheiten» ist bestimmt auch nicht ganz ausgeschlossen. Doch aus Erfahrung kann ich nur sagen: Die Vorteile wiegen die Nachteile bei weitem auf.


Kelly: Welche zukünftigen Entwicklungen siehst du für das Konzept der Ambidextrie in Organisationen?


Markus: Meiner Meinung nach wird das Konzept der Ambidextrie in Organisationen in Zukunft noch viel wichtiger werden. Die Märkte werden immer dynamischer und unsicherer, die Technologien entwickeln sich schneller und die Kundenanforderungen ändern sich ständig. Unternehmen müssen in der Lage sein, sich schnell an diese Veränderungen anzupassen und neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, um wettbewerbsfähig zu bleiben. In den nächsten Jahren erwarte ich folgende Entwicklungen im Bereich der Ambidextrie:


Integration von Ambidextrie in die Unternehmensstrategie: Ambidextrie wird nicht mehr als ein isoliertes Konzept betrachtet, sondern als integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie.

Entwicklung neuer Ambidextrie-Modelle: Es werden neue Ambidextrie-Modelle entwickelt, die den spezifischen Bedürfnissen verschiedener Branchen und Unternehmenstypen gerecht werden.

Einsatz von Technologie zur Unterstützung von Ambidextrie: Informations- und Kommunikationstechnologien werden eingesetzt, um die Zusammenarbeit und den Wissenstransfer zwischen den verschiedenen Bereichen des Unternehmens zu verbessern.

Entwicklung ambidexterer Führungskräfte: Führungskräfte werden auf die Herausforderungen der Ambidextrie geschult und entwickeln die notwendigen Kompetenzen, um diese Modelle erfolgreich umzusetzen.


Ambidextrie - Thema der neuen Ausgabe von INNOV8!

Kelly: Wie erwähnt, die neue Ausgabe von INNOV8! behandelt das Thema «Innovation durch Ambidextrie» ausführlich. Welche Inhalte finden Leser:innen in der aktuellen Ausgabe genau?


Cover des INNOV8-Magazins, Ausgabe 5, 2024, mit einem türkisfarbenen Motiv und einem Segelboot auf dem Meer. Das Magazin konzentriert sich auf Innovation und Veränderung, wobei grosse weisse Buchstaben „AMBIDEXTRIE“ die Mitte dominieren. Zu den Schlagzeilen gehören Strategien zur Balance zwischen Innovation und Kerngeschäft, kreatives Betriebsklima, Schlüsselmethoden und ein Beitrag zur Silver Society.

Markus: Ui, da ist so viel drin, deshalb so kurz wie's geht: Zuerst schreibt der von seinen zahlreichen Büchern über radikale Innovation bekannte Berater Jean-Philippe Hagmann über die strategische Bedeutung von Innovation durch Ambidextrie. Ich selbst schreibe über einen Systemvergleich Spitzensport - Wirtschaft, darüber dass man Freiraumsysteme nicht einfach kopieren kann und ich beschreibe 13 Erfolgsformate, die helfen, eine organisationale Zweihändigkeit aufzubauen. Alexander Noll schreibt über die Anwendung von Ambidextrie-Modellen in der Industrie und der Creative Director, Innovator und Buchautor Lutz Lungershausen beschreibt kreative Formate in seiner Agentur. Und noch so einiges mehr...


Kelly: Last but not least: Wie kommt man zur Ausgabe, wie kann man diese bestellen?


Markus: Einfacher geht es nicht ;-) Klickt auf diesen Link: INNOV8! - Das Magazin abonnieren und ihr kriegt die jeweils letzte Ausgabe per E-mail persönlich zugestellt.

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