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AutorenbildMarkus Müller

Ratingagenturen vs. Crowdrating


Crowdrating ist nichts Neues. Seit Jahren bewertet die Masse bereits Hotels und Urlaubsziele. Beispielsweise auf dem Bewertungsportal von holidaycheck. Ich persönlich habe mit den Bewertungen sehr gute Erfahrungen gemacht. Ich habe über die Jahre gelernt, die Einträge «zu lesen». Notorische Schwarzmaler von «guten» Bewertern auseinander zu halten. In diesem Zusammenhang ist es sicher korrekt, wenn man sagt: Die Masse liegt immer richtig.

Ratingagenturen beherrschen das System Das Prinzip der «Crowd« setzt sich also auch im Bereich des «Bewertens» immer mehr durch. Bei Unternehmen, Banken und Staaten hat das System bisher gar keine Verbreitung. Die grossen amerikanischen Agenturen wie «Moody’s», «Standard & Poor’s» oder «Fitch» teilen sich den Markt fast unbedrängt. Nach der letzten grossen Finanzkrise, bei der genannte Agenturen zweifelsohne eine unrühmliche Rolle spielten, wurde der Ruf nach einer europäischen (Gegen-)Agentur immer lauter. Die Beratungsfirma Roland Berger nahm sich des Themas an und versucht, ein europäisches Pendant zu den grossen amerikanischen Agenturen aufzubauen. Bisher ist das Experiment nicht gelungen. Wie die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) vor Kurzem berichtete, läuft das Experiment gar Gefahr, eingestellt zu werden.

Crowdrating ist neutraler Ist die Zeit nicht gekommen, ein Modell zu entwickeln, das unabhängiger ist? Ein Modell, das eine bestimmte Anzahl an relevanten Unternehmen, Organisationen und Einzelpersonen direkt betroffene Stellen miteinbezieht. Ein Modell, bei dem der Medianwert als das Mass gilt. Damit kann der «Rattenfänger von Hameln-Effekt» (die Masse kann sich von zu viel schlechten oder guten Bewertungen anstecken lassen…) weitgehend ausgeschaltet werden. Direkte Abhängigkeiten und Mauscheleien werden schwieriger und das Bewertungssystem wird wesentlich fairer und damit letztlich aussagekräftiger. Ein Schritt in diese Richtung wird von der Bertelsmann-Stiftung präsentiert. Die Ratingagenturen sollen nicht gewinnträchtig sein und von Unternehmen sowie Staaten alimentiert werden. Interessanter Denkansatz!

Promotoren vs. Gegner und Verhinderer Das bestehende System wird sich mit aller Macht gegen solche Reformen wehren. Es hat zu viel zu verlieren. Als Change Manager ist es für mich immer wieder spannend und traurig, zu beobachten, wie 80 oder 90 % der Masse von einem Systemwechsel profitieren könnten. Es aber nicht gelingt, einen Wechsel zu erzwingen, da die verbleibenden 10 oder 20 % sich erfolgreich gegen einen Systemwechsel zu wehren wissen. In der Theorie des Veränderungsmanagements gibt es die sogenannte Akzeptanzmatrix (nach Mohr et al. 1998). Diese Matrix besagt, dass in jedem Veränderungsprozess ca. 15 % Gegner anzutreffen sind. Sie besagt zudem, diese 15 % nicht unmittelbar in den Prozess miteinzubeziehen, da sie nur durch Erfolge zu beeinflussen sind. Und Erfolge gibt es bekanntlich erst vorzuweisen, wenn der Systemwechsel relativ weit fortgeschritten ist. Lediglich die Promotoren, die rund 5 % ausmachen, sollten von Beginn an Bord sein. Wer sind diese Unterstützer? Potentielle Promotoren sind Unternehmen und Staaten, die von neutraleren Crowdratings profitieren könnten. Diese gilt es, an Bord zu holen. Hierbei könnten Think Tanks, welche direkten Zugang zu Regierungsstellen und Konzernleitungen haben, Vorreiterrollen einnehmen. Oder Institutionen wie das World Economic Forum.

Das alles mag nach Revolution klingen. Irgendwie ist es das auch. Doch grosse Veränderungen sind immer entstanden, wenn Regeln gebrochen wurden. In diesem Kontext hiesse es also, dass die Regeln der grossen Ratingagenturen gebrochen werden müssten. Die Zukunft wird zeigen, wer letztlich die Oberhand bekommt. Die machtvollen Ratingagenturen oder die Crowd.

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